Rosengallen – wie kleine Mooskugeln an den Zweigen

Es sieht schon sehr besonders aus, dieses moosartige Gebilde an den Zweigen, das als Rosengalle bezeichnet wird. Rein pflanzenphysiologisch ist es eine Reaktion der Pflanze auf futternde Insekten, indem das Zellwachstum angeregt wird. Doch wenn wir tiefer in das Wissen darüber eintauchen, wird aus der bloßen Sichtung, eine faszinierende Entdeckung, die es zu schützen gilt!

Rosengallen – Entdeckung mit Mehrwert

Das Entdecken der Rosengallen, die auch als Schlafäpfel bezeichnet werden, ist bereits eine spannende Beobachtung an sich. Sie können über 7 cm im Durchmesser groß werden und wachsen auffällig an den Zweigen und Blättern. Doch können wir mit der Entdeckung sogar etwas über die Pflanzenart und über das Vorkommen ganz bestimmter Insekten sagen! Da diese Form der Rosengallen nur an ganz bestimmten Pflanzen beobachtet werden kann, ist anhand dieser eine Bestimmung der Pflanzenart möglich – sogar im Herbst und Winter, wenn die Blätter bereits abgeworfen wurden und die Hagebutten verspeist sind. Denn dieses Gebilde finden wir nur an Wildrosen und hier in den allermeisten Fällen an der Hundsrose (Rosa canina). Außerdem können wir durch das Vorkommen der Rosengallen einen Blick in die Vergangenheit werfen und mit Sicherheit sagen, welches Insekt im Frühling hier herumgeflogen ist. Und das, ohne jemals das Insekt im Frühling gesehen zu haben! Denn es kommt nur ein Insekt in Frage, das für dieses Gebilde verantwortlich ist: die Gemeine Rosengallwespe (Diplolepsis rosae). Nur sie verursacht diese Form der Rosengallen, es ist die Behausung ihrer kleinen Larven. Das schadet der Wildrose für gewöhnlich nicht, die Wilden Pflanzen sind da sehr robust!

Spannende Lebewesen – Faszinierender Mikrokosmos

Die Gemeine Rosengallwespe fliegt im Mai und Juni auf der Suche nach geeigneten Wildrosen umher und legt ihre Eier an die Stiele, Knospen oder Blätter. Die Larven schlüpfen nach einigen Tagen und futtern sofort los. Durch das Anknabbern wird das Zellwachstum angeregt. Ist die Rosengalle gewachsen, befinden sich die Larven in kleinen Kammern im Inneren und futtern weiter. Sie verpuppen sich und schlüpfen erst im darauffolgenden Frühjahr. In Mitteleuropa kommen fast ausschließlich weibliche Rosengallwespen vor. Die Fortpflanzung erfolgt als Pathenogenese, wie bei den Blattläusen.
Um ihre Eier ablegen zu können, ist die Gemeine Rosengallwespe auf das Vorkommen von Wildrosen angewiesen. Genau wie einige andere Insekten streng spezialisiert sind auf das Vorkommen der Gemeinen Rosengallwespe. Das Vorkommen von Wildrosen, besonders der Hundsrose, spielt also eine überlebenswichtige Rolle für unterschiedliche Insektenarten.
Die Schwarze Gallwespe (Periclistus brandtii) ist beispielsweise streng spezialisiert auf die Gemeine Rosengallwespe. Denn diese nutzt die Kammern innerhalb der Gallen als sogenannte Einmieterin. Andere Insekten, wie Erzwespenarten oder die Gelbe Rosenschlupfwespe (Orthopelma mediator) versuchen nicht, die kleinen Larven aus den Rosengallen zu verdrängen, sondern parasitieren diese. Die Langstachelige Rosenerzwespe (Torymus bedeguaris) parasitiert die Larven der Gemeinen Rosengallwespe und als sogenannter Hyperparasit auch die Larven der Gelben Rosenschlupfwespe. Ein spannendes Netz aus unterschiedlichen Arten, die voneinander abhängig und die auf das Vorkommen der jeweils anderen Arten angewiesen sind. Und all das, wenn die Wildrose, besonders die Hundsrose, wachsen darf.

Rosengallen, Schlafäpfel – bloß nicht abschneiden!

Obwohl es die Behausung der kleinen Larven der Gemeinen Rosengallwespe ist, hat die Bezeichnung „Schlafapfel“ einen anderen Ursprung. Denn bereits vor Jahrhunderten legten die Menschen die Rosengallen, bzw. Schlafäpfel unter das Kopfkissen bei Schlafstörungen. Hier sollten sie ihre schlaffördernde Wirkung entfalten.

Im Sommer sind die Rosengallen grün bis rötlich und trocknen über den Winter zu braunen Kugeln ein. Während es so aussieht, als wäre es ein vertrocknetes Etwas, was sich dort an dem Zweig der Wildrose befindet oder gar ein Dekorationsmitbringsel für den Blumenstrauß, herrscht in der Rosengalle pures Leben! Ob Rosengalle oder Schlafapfel, in diesem spannenden Gebilde warten die kleinen Larven auf den Frühling. Sie sind wichtiger Bestandteil des Ökosystems und faszinierende kleine Tiere. Deshalb gilt: bloß nicht abschneiden!

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